Der Vierbeiner legt die Ohren nach hinten und rennt von der Gefahrenzone weg: So in etwa könnte eine Panikattacke beim Hund aussehen. Allerdings haben die Angstanfälle viele Gesichter und auch viele Ursachen.
Angst, Epilepsie oder Panikattacke beim Hund?
Angst ist ein natürlicher, lebensnotwendiger Mechanismus. Sie hilft Hunden, sich bei Gefahr in Sicherheit zu begeben. In der Regel dauert ein normaler Angstzustand nur kurz an.
Während einer Panikattacke verspüren Hunde eine intensivere Angst. Hierbei handelt es sich um einen plötzlichen Angstanfall, der schwer verläuft und wiederkehren kann.
Dieser Zustand geht demnach über das „normale“ Erschrecken hinaus. Der Hund ist für eine längere Zeit (bis zu einer halben Stunde) nicht ansprechbar und verharrt in einer panischen Körperhaltung.
Wichtig: Krampfanfälle, Bewegungsstörungen und sogar Bewusstseinsverluste – ein epileptischer Anfall unterscheidet sich in vielen Punkten von einer Panikattacke. Es ist aber verständlich, wenn Hundehalter noch keine Erfahrungen auf diesem Gebiet haben und ratlos sind.
Sind Sie sich nicht sicher, ob es sich um eine Panikattacke oder um Epilepsie handelt, sollte der Hund nach dem Anfall umgehend in einer Tierarztpraxis untersucht werden. Am besten ist es, das Geschehnis mit dem Smartphone aufzunehmen.
Panikattacke bei Hunden: Auslöser
Es gibt eine Reihe von Auslösern, die zu einer Panikattacke beim Hund führen können. Nicht immer lassen sich die Trigger zurückverfolgen und es scheint, als ob der Hund plötzlich und ohne Grund an einer Panikattacke leidet.
- laute oder schrille Geräusche
- Höhen
- fremde Personen
- Alleinsein
- Besuch in der Tierarztpraxis
- Menschenmengen
- kleine Alltagsgegenstände
- andere Tiere
- „bedrohliche“ Objekte wie etwa ein Bagger
- Autofahren
Welche Ursachen für Panikattacken beim Hund gibt es?
Warum durchlebt ein Hund Panikattacken und ein anderer bleibt ruhig? Das kann unterschiedliche Ursachen haben.
Schlechte Erfahrungen:
Traurigerweise kommt es vor, dass Hunde von Menschen körperliche Gewalt oder Vernachlässigung erleben. Nicht verwunderlich ist es, wenn solche Vierbeiner Menschen gegenüber misstrauisch sind. Nähert sich ihnen eine fremde Person, die sie streicheln möchte, kann es zu einer Panikattacke kommen.
Mangelnde Sozialisierung:
Damit ein Welpe später selbstbewusst und mutig ist, ist in den ersten Lebenswochen auf eine sorgfältige Sozialisierung zu achten. Wachsen Vierbeiner in schlechten Verhältnissen – wie etwa bei einem Vermehrer – auf, neigen sie später zu Ängsten und zu Unsicherheiten.
Missgeschicke:
Vor kleinen Unfällen ist kein Hund gefeit. Leider können genau aus solchen Missgeschicken Panikattacken der Zukunft entstehen.
Beispiel: Ein Hund streift beim Vorbeigehen eine große Zimmerpflanze, die daraufhin umkippt und auf ihn fällt. Viele Vierbeiner erschrecken sich kurz, stecken aber ein solches Negativerlebnis gut weg. Es kommt auch vor, dass sensible oder gestresste Hunde daraufhin Ängste entwickeln.
Rassetypische Veranlagung:
Ob ein Hund das kleine Missgeschick mit der Zimmerpflanze schnell vergisst oder ob er von nun an mit Ängsten zu kämpfen hat – das hat zum Teil auch mit seiner rassetypischen Veranlagung zu tun.
Es gibt Hunderassen, die außerordentlich ruhig und entspannt durch ihr Leben gehen. Diese Hunde – wie zum Beispiel Golden Retriever oder Neufundländer – besitzen eine hohe Reizschwelle. Sie eignen sich dadurch gut für die Ausbildung zu Therapiehunden oder Schulhunden.
Andere Hunderassen hingegen bestreiten ihren Alltag mit einer niedrigen Reizschwelle. Dazu gehören beispielsweise Chow-Chows oder Rehpinscher. Bei empfindlichen Hunden kann bereits ein ungewöhnliches Geräusch ausreichen, um sie aus der Fassung zu bringen. Mit dieser Anfälligkeit für Stress sind sie leider auch empfänglicher für Panikattacken.
Natürlich ist jeder Hund ein Individuum und kann von den typischen Rassemerkmalen abweichen oder sogar das komplette Gegenteil sein.
Körperliche Beschwerden:
Krankheiten begünstigen in einigen Fällen die Entwicklung von Ängsten. Leidet ein Hund beispielsweise unter Demenz, fällt ihm der Alltag zunehmend schwerer. Besonders nachts bei Dunkelheit kann der Hund verwirrt sein und plötzlich wie aus dem Nichts eine Panikattacke durchleben. Genauso können Schmerzen oder körperliche Beeinträchtigungen wie eine reduzierte Sehkraft zu Unsicherheiten und Panikattacken führen.
Hund hat Panikattacke: Symptome
Die 4 F´s sind vier unterschiedliche Abwehrmechanismen, die bei in Panik geratenen Hunden zu beobachten sind.
- Flight (Flucht): Viele Hunde möchten sich von der Gefahrenquelle so weit wie möglich und mit höchster Geschwindigkeit entfernen. Was zunächst logisch klingt, birgt für den Hund große Gefahren. So kann sich der Hund von der Leine reißen und schlimmstenfalls eine Straße überqueren.
- Freeze (Einfrieren): Einige Hundehalter beobachten eine erstarrte Körperhaltung bei ihrem Hund. Der Vierbeiner hört dabei nicht nur auf sich zu bewegen. Vielmehr kommt er in eine Art Schockstarre, bei der seine gesamte Körperhaltung „einfriert“.
- Flirt oder Fiddle about (Beschwichtigungssignale): Der Hund reagiert mit Spielaufforderungen, albert herum oder zeigt „Calming Signals“ wie auf dem Boden schüffeln, Pinkeln oder den Kopf zur Seite drehen.
- Fight (Kampf): Im Kampfmodus kann ein ansonsten lieber Hund zu einer Gefahr werden. Er versucht mit aller Macht, die Gefahrenquelle zu bekämpfen und kann dabei auch seinen Menschen attackieren, wenn dieser ihn davon abhalten möchte.
Weitere Anzeichen für einen Angstanfall beim Hund:
- Zittern
- erhöhte Herzfrequenz
- Hecheln
- Speicheln
- aufgerissene Augen
- Belecken des Fells
- allgemeine Unruhe
- eingezogene Rute
- nach hinten gerichtete Ohren
- im Kreis laufen
Hinweis: Zeigt der Hund ein oder mehrere Symptome? Dann können neben einer Panikattacke auch Schmerzen dahinterstecken. Zittern, Speicheln und Hecheln oder eine gesteigerte Aggressivität sind auch mögliche Anzeichen für körperliche Beschwerden. Bei Unsicherheit und bei Verdacht auf Schmerzen sollte der Hund immer einer tierärztlichen Praxis vorgestellt werden.
Mein Hund hat eine Panikattacke – was tun?
Während einer Panikattacke gibt es leider keinen Schalter, der den Hund wieder beruhigt. Dennoch sollten seine Menschen auf zwei wichtige Dinge achten:
Safety first:
In dieser Ausnahmesituation stellt der Hund eine Gefahr für sich und alle Beteiligten in seinem Umfeld dar. Aus diesem Grund sollte er, falls möglich, in Sicherheit gebracht werden. Draußen ist darauf zu achten, dass sich der Vierbeiner nicht von der Leine losreißt. Ein Sicherheitsgeschirr ist bei ängstlichen Hunden unbedingt zu empfehlen.
Zu Hause hingegen gilt es zu vermeiden, dass er sich an Gegenständen stößt und sich dabei verletzt. Kinder und andere Haustiere sollten vorsichtshalber in ein sicheres Zimmer gebracht werden.
In Panik geratene Hunde greifen in Ausnahmesituationen auch ihre Bezugspersonen an. Je nach Ausgangssituation sollte daher ein Maulkorb angelegt werden.
Ruhe ausstrahlen:
Schnelle Bewegungen oder gar panisches Verhalten – all das verstärkt den Hund in seiner Unsicherheit. Ebenso ist es alles andere als hilfreich, mit tröstender Stimme auf den Vierbeiner einzureden oder ihn ständig zu streicheln.
Bleiben Sie lieber bis zum Ende der Panikattacke ruhig an seiner Seite, ohne groß auf ihn einzuwirken. Verkriecht sich der Panikhund unter dem Bett oder dem Tisch? Dann sollten seine Menschen nicht versuchen, ihn aus dem Versteck zu holen.
Wie kann ich meinen ängstlichen Hund langfristig unterstützen?
Stress, Angst und Panik: Wenn der Körper ständig in Alarmbereitschaft ist, kann das negative Folgen für die Gesundheit haben. Allein schon aus diesem Grund ist es wichtig, an den Panikattacken des Hundes zu arbeiten. Hilfreich dabei sind:
Arbeiten an der Hund-Mensch-Beziehung
Ob Straßen, Treppenhäuser oder Züge: Hunde müssen sich tagtäglich in einer Welt zurechtfinden, die für uns Menschen gemacht ist. Haben sie dabei einen starken und verlässlichen Partner an ihrer Seite, fühlen sie sich gleich sicherer. Hat der Hund hingegen den Eindruck, dass sein Mensch selbst unsicher ist, überträgt sich das auf ihn.
Unterwegs bedeutet das: Handy in der Tasche lassen, die Körpersprache des Vierbeiners beobachten und für abwechslungsreiche Aktivitäten sorgen. Zu Hause fördern Streicheleinheiten – wenn vom Hund gewollt – und Denkspiele das Wir-Gefühl.
Letztendlich ist es für die Beziehung wichtig, sich immer wieder tagtäglich bewusst Zeit für seinen Hund zu nehmen.
Stressabbau
Ist der Hund mental ausgeglichen, so ist er für Panikattacken weniger anfällig. Für ein entspanntes Gemüt sorgen unter anderem:
- Playdates mit anderen Hunden
- Kauartikel
- ausreichend Ruhephasen und Schlaf
- ausgedehnte Spaziergänge in der Natur
- bedarfsgerechte Aktivitäten (z. B. Joggen oder Nasenarbeit)
Schritt-für-Schritt-Konfrontation
Ist der Auslöser für die Panikattacke beim Hund bekannt und lässt sich eine Konfrontation nicht vermeiden? Dann ist es möglich, den beängstigten Vierbeiner an die vermeintliche Bedrohung zu gewöhnen.
Wichtig: Bei dieser Herangehensweise sollte natürlich nichts mit Druck oder Zwang erfolgen. Das würde das Vertrauen brechen und die Angst erhöhen. Schmeißen Sie also keineswegs den Hund ins kalte Wasser, sondern arbeiten Sie in kleinen Schritten!
Wenn ein Hund zum Beispiel eine Panikattacke beim Übergehen einer Brücke hat, stellen Sie sich zunächst in einer bestimmten Entfernung zur Brücke hin. Halten Sie den Hund unbedingt an der Leine und strahlen Sie absolute Ruhe aus. Falls der Hund interessiert ist, geben Sie ihm sein Lieblingsspielzeug. Das sorgt für Ablenkung und eine positive Verknüpfung.
Besuchen Sie nun öfter diesen Ort und gehen Sie wie beschrieben vor. Das Ziel ist es, dass sich der Hund immer entspannter in dieser Situation fühlt und seinem Menschen vertraut. Trifft beides zu, wird er mit großer Sicherheit auch eines Tages den Schritt wagen und gemeinsam mit Ihnen über die Brücke laufen.
Tipp: Einigen Hunden hilft ein souveräner Artgenosse, an denen sie sich orientieren können. Fragen Sie im Bekanntenkreis nach, ob ein Hundehalter Sie beim Training begleitet.
Professionelle Hilfe suchen
Einem Hund das Kommando „Sitz“ beizubringen, ist ziemlich einfach. Einem Hund Panikattacken abzugewöhnen – das ist hingegen ein anspruchsvolles Unterfangen. Machen Sie sich daher bitte keine Vorwürfe, wenn Ihnen das nicht im Alleingang gelingt.
Für solche Fälle gibt es erfahrene Hundetrainer, die sich auf Angsthunde spezialisiert haben. Begleitend dazu kann es nicht schaden, sich mit passender Fachlektüre in das Thema einzulesen. Gegebenenfalls kann ein Tierarzt oder ein Tierheilpraktiker pflanzliche Beruhigungsmittel wie etwa Baldrian empfehlen, die für einen bestimmten Zeitraum helfen können.