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Hund mit Brachyzephalie

Möpse leiden besonders

© guentermanaus / Shutterstock

Brachyzephalie: Diese Hunde leiden im Sommer am meisten

von Carina Petermann

am aktualisiert

Tierquälerei hat verschiedene Gesichter. Denn Brachyzephalie ist kein niedliches Merkmal, sondern eine vom Menschen eigens gezüchtete Verformung.

Menschen tun Tieren oft ganz bewusst Schlimmes an, manchmal aber auch ohne es zu ahnen. Etwa, wenn sich Hundeliebhaber beim Züchter für den süßen Mops mit der kurzen Nase und den großen Kulleraugen entscheiden. 

Brachyzephalie, oft auch Brachycephalie geschrieben, ist eine vom Menschen durch Züchtung stark verbreitete Deformation bei Hunden. Hunde mit dem brachyzephalen Syndrom haben ein verkürztes Daumensegel, Atemnot und damit etliche gesundheitliche Probleme. Alle Symptome, Ursachen und weitere Qualzuchten bei Hunden finden Sie in unserem Ratgeber.

Was ist Brachyzephalie?

Der Begriff Brachyzephalie bezeichnet bei Hunden eine Deformation des Schädels. Durch Züchtungen wird die Krankheit durch den Menschen gezielt verstärkt. Betroffene Hunderassen leiden sehr unter den damit einhergehenden Symptomen, v.a. unter Atemnot bei Anstrengungen oder im Sommer.

Brachyzephale Tiere haben einen breiteren und kürzeren Schädel. Der Kopf wird runder, die Nase und Kieferknochen kürzer. Das führt zu einem flachen Gesicht wie beim Menschen, mit nebeneinanderstehenden Augen. Durch gezielte Paarungen wollen Züchter damit das Kindchenschema bei den betroffenen Tieren erreichen. Denn: Viele Menschen finden genau das süß und beschränken ihre Kaufkriterien darauf.

Mops Brachyzephalie
Ein breiter und kurzer Kopf: So sieht Brachyzephalie beim Hund aus (Shutterstock)

Brachyzephalie beim Hund: Welche Rassen sind betroffen?

Englische und Französische Bulldoggen oder Möpse gehören zu den am meisten betroffenen Rassen, genauso wie Boxer und Pekinesen. Ihre Schnauzen wurden weitgehend zurückgezüchtet. Alle diese Rassen leiden je nach Ausprägung der Kurzköpfigkeit stark unter den typischen Symptomen.

Brachyzephale Hunde: Typische Symptome

Ein ganz typisches Symptom des brachyzephalen Syndroms bei Hunden ist ein zu langes Gaumensegel. Dazu kommt eine Nasenmuschel, die abnormal verformt ist. Sie ist kombiniert mit verengten Nasenlöchern. Dazu kommt dann noch ein Kehlkopf, der zu klein ist und eine Luftröhre, deren Durchmesser ebenso zu gering ist und so den Atemweg zusätzlich blockiert. Zudem erleiden die Rassen in vielen Fällen einen Kehlkopfkollaps.

Durch die deformierte Nase leiden viele brachyzephalen Hunderassen an Atemnot. Die Vierbeiner machen typischerweise schnorchelnde, röcheln und grunzende Geräusche beim Atmen und schnarchen viel. Ihre verkrüppelte Nasenschleimhaut erlaubt ihnen zudem keine Wärmeregulierung

Die Folge der krankhaften Veränderungen ist ein qualvolles Leben, das sich am Rand eines Erstickungs- oder Hitzetodes bewegt. Viele der Hunde müssen sich durch die erschwerte Atmung zudem regelmäßig übergeben.

Französische Bulldogge mit Brachyzephalie
Hunde mit Brachycephalie leiden oft unter starker Atemnot und sind bei Hitze besonders gefährdet (Shutterstock)

Brachyzephalie und Wasserköpfe

Bei den sogenannten Toy Dogs wie Yorkshire Terriern, Bulldoggen, Chihuahuas und Möpsen kommt in der Zucht oft noch eine Wasserkopfneigung dazu. Während die Missbildung bei Menschen stark gefürchtet ist, wird sie bei Hunden als niedlich angesehen. Dass ein Wasserkopf Fehlfunktionen vom Gehirn mit sich bringen kann, die sogar zur Lebensunfähigkeit führen können, wird dabei in Kauf genommen.

Hunde mit Brachyzephalie: Keine natürlichen Würfe

Hündinnen können die Welpen mit den unnatürlich groß gezüchteten Köpfen nicht selbst zur Welt bringen. Es ist ein Kaiserschnitt nötig. Da viele Rassen einen Unterbiss angezüchtet bekommen haben, können die Hündinnen die Fruchtblase ihrer Welpen nicht allein aufbeißen. Handelt hier der Züchter nicht schnell genug, erstickt der Welpe.

Bryzephalie bei Hunden behandeln

Sofortmaßnahmen bei akuter Atemnot

Wenn ein Hund mit Brachyzephalie (kurzköpfige Rasse) unter akuter Atemnot leidet steht die Stabilisierung des Tieres an erster Stelle. Wichtig sind dabei:

  • Eine kühle und dunkle Umgebung

  • Die Zuführung von Sauerstoff

  • Gegebenenfalls die Verabreichung von Medikamenten

Brachzephale Hunde mit Übergewicht

Übergewichtige Hunde mit Brachyzephalie sollten unbedingt abnehmen, da das eingelagerte Fettgewebe im Rachenraum den vorhandenen Platz weiter verkleinert. Zudem sollten Hunde, die unter einer ständigen Reizung des Magen-Darm-Traktes leiden, eine angepasste Fütterung erhalten. Auch eine vorübergehende medikamentöse Behandlung kann notwendig sein, um die Symptome zu lindern.

Wasserkopf Chihuahua
Oft finden Käufer Wasserköpfe bei Hunden niedlich - doch den Hunden können sie gefährlich werden (Shutterstock)

Hund mit Brachyzephalie: OP

Zeigt ein Hund erste Symptome einer Brachyzephalie, wie z. B. ständiges Schnarchen, sollte eine Operation in Erwägung gezogen werden. Ein frühzeitiger Eingriff verhindert die Verschlimmerung der Symptome und verringert die Notwendigkeit für größere Operationen in der Zukunft. Je später eingegriffen wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Eingriff nur noch Linderung, aber keine vollständige Heilung bringt.

Aber auch sonst ist nicht garantiert, dass der Hund durch einen chirurgischen Eingriff ein besseres Leben bekommt, ist aber nicht garantiert. Im besten Fall wird ihm - nach den Torturen durch die Operationen - das Atmen erleichtert und er kann ein nahezu normales Leben führen, in schweren Fällen aber wird er trotz allem sein Leben lang weiterleiden müssen.

Halter sollten außerdem bedenken, dass brachyzephale Hunde oft ein erhöhtes OP-Risiko haben, da sie häufig bereits unter Kreislaufproblemen und einer unzureichenden Sauerstoffversorgung leiden. Besonders die Aufwachphase nach der Operation kann problematisch sein, vor allem bei übergewichtigen Hunden.

Brachyzephalie beim Hund: OP-Kosten

Leidet der Hund sehr unter den anatomischen Fehlbildungen, kann eine OP die einzige Option sein, um ihm die permanente Atemnot und damit oftmals auch Todesangst zu nehmen. Je nach Schweregrad gibt es unterschiedliche Optionen; dies schlägt sich auch bei den Kosten nieder. Halter sollten mit rund 2.000-2.500 Euro Kosten für eine OP bei einem brachyzephalen Hund rechnen.

Chirurgische Behandlung: Multi-Level-Chirurgie

Die erfolgreichste Methode, um langfristig Atemprobleme bei brachyzephalen Hunden zu lindern, ist eine umfassende Operation des Nasen-Rachen-Raums. Diese „Multi-Level-Chirurgie“ behandelt mehrere Engstellen gleichzeitig und umfasst folgende Eingriffe:

  • Kürzung des Gaumensegels: Ein zu langes und dickes Gaumensegel wird gekürzt und, falls nötig, ausgedünnt.

  • Erweiterung der Nasenlöcher: Verengte Nasenlöcher und Nasenvorhof werden durch die Entfernung von kleinen Knorpelstücken und Hautlappen vergrößert.

  • Entfernung der Mandeln: Entzündete Mandeln, die zusätzlichen Raum beanspruchen, werden entfernt.

  • Verkleinerung der Nasenmuscheln: Blockieren die Nasenmuscheln den Luftweg, können sie verkleinert werden.

Durch diese gezielten Eingriffe können die Atemwege des Hundes signifikant erweitert und die Atemnot gelindert werden. Es ist entscheidend, möglichst alle Engstellen zu operieren, um einen optimalen und langanhaltenden Erfolg zu erzielen.

Lasertechnologie für präzise Eingriffe

Bei der Multi-Level-Chirurgie kommen häufig moderne Lasertechnologien zum Einsatz. Diese ermöglichen:

  • Sehr feine und nicht blutende Schnitte
  • Präzises Arbeiten in den engen Nasenräumen des Hundes

Diese schonende Methode trägt zu einem besseren Heilungsverlauf bei und minimiert das Risiko von Komplikationen.

Brachycephalie: Gibt es keine Vorschriften zur Zucht?

Die Moderassen mit Brachyzephalie bzw. Kurzköpfigkeit sind absolute Qualzuchten. Es gibt aktuell leider keine Vorschriften, die die Zucht von Moderassen verbieten würden. Selbst der Verband für das Deutsche Hundewesen setzt dieser Qualzüchterei keinen Riegel vor.

Welche anderen Qualzuchten gibt es bei Hunden?

Kurze, krumme Beine bei Hunden sind ebenso in Mode. Damit müssen sich Bulldogge, Basset, Dackel, Mops und Corgis herumschlagen. Die oftmals kaputten Beinchen werden durch einen angezüchteten genetischen Defekt bei der Knorpelbildung erreicht. Der Gendefekt macht aber vor den Knorpeln in den Bandscheiben nicht Halt, weswegen diese Rassen oft schon in jungen Jahren zusätzlich mit Bandscheibenvorfällen zu kämpfen haben.

Auch bei belieten Fellfarben, die eigentlich harmlos scheinen, handelt es sich oftmals um Gendefekte. Viele Dalmatiner und andere, vor allem graue Hunde mit dem Merle-Gen sind blind oder taub.

Glubschaugen Hund Qualzucht
Glubschaugen sind ein weiteres Merkmal einer Qualzucht - sie führen zu Augenentzündungen beim Hund (Shutterstock)

Glubschaugen und Stummelschwänze

Das züchterische Design macht beim Hundeblick nicht Halt. Die niedlichen Glubschaugen, die so schön triefen, bedeuten für Hunde Entzündungen, die durch bestimmte Züchtungen begünstigt werden. Bei fehlenden Ruten oder Stummelschwänzen wird den Rassen eine Kommunikationsmöglichkeit genommen. 

Die können Hunde vielleicht noch kompensieren, die Schwierigkeiten beim Ausbalancieren sowie den Fehlbildungen der Wirbel, Kniescheibenverlagerungen und Hüftgelenkdysplasien aber nicht. Und genau das ziehen diese verkrüppelten Ruten in vielen Fällen nach sich.

Brachyzephalie bei Hunden: Ein moralisches Problem

Viele Menschen machen aus ihren Haustieren Kuscheltiere, egal welchen Preis das Tier dafür zahlen muss. Tiere werden vermenschlicht, angezogen, aus falsch verstandener Liebe regelrecht gemästet. Dabei haben Hunde ganz andere Bedürfnisse. Statt in der Zucht Gendefekte in Kauf zu nehmen, damit der Hund genau nach den Vorstellungen der Menschen aussieht, sollte das Tierwohl wieder in den Mittelpunkt gerückt werden. 

Zuchten sind immer ein Thema von Angebot und Nachfrage. Wenn die Menschen die Leiden der Qualzuchten kapieren und sie nicht mehr akzeptieren, werden Züchter gezwungen sein, zu den ursprünglichen Rassen zurückzukehren.

Sie wollen selbst einen Hund zu sich holen? Mit diesen Tipps finden Sie die besten Züchter, die das Tierwohl in der Vordergrund stellen.

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