Ein unwürdiges Leben im Schatten der Mauer
Schon zu Zeiten, als die Mauer noch stand, war das Leben der Grenz-Vierbeiner nicht das, was man als hundefreundlich bezeichnen würde: Angekettet an einem entlang der Mauer und dem Grenzzaun gespannten Stahlseil konnten sie sich 100 bis 200 Meter hin und her bewegen. Die 4000 Deutschen Schäferhunde, zum Teil waren auch Rottweiler, Deutsche Doggen und Riesenschnauzer unter ihnen, sollten im Auftrag des Ministeriums für Nationale Verteidigung Republikflüchtlinge an der Mauer aufspüren und in Schach halten, bis die Grenzpolizei einschreiten konnte. Abschrecken sollten die Hunde aber nur mit ihrer Anwesenheit, denn ausgebildet waren sie nicht.
Die Mauer hinterließ ihre Spuren
Kein Wunder, dass die Hunde an der Mauer über kurz oder lang psychische Probleme bekamen: Viele Grenzsoldaten berichteten damals über gestresste, nervenschwache und gar verrückt gewordenen Hunde. Futter habe es nur alle zwei bis drei Tage gegeben, Kontakt zu Menschen und Artgenossen fast nie. Das Stichwort „Mauer-Syndrom” tauchte immer wieder auf: Die Hunde bellten ohne Unterlass, heizten sich gegenseitig weiter an.
Wohin mit 4000 Mauerhunden?
Als die Mauer am 9. November 1989 fiel, standen die Tiere aber einem viel schlimmeren Schicksal gegenüber: Plötzlich hatte niemand mehr Verwendung für Sie. Immerhin 1500 der Mauerhunde konnten in ostdeutsche Haushalte vermittelt werden, wie der Spiegel damals berichtete. Um die restlichen Vierbeiner nahm sich glücklicherweise der Deutsche Tierschutzbund an.
Ungeahnt hoch war damals offenbar die Nachfrage nach den restlichen 2500 Rassehunden, wie der Leiter des Diensthundewesens der DDR-Grenztruppen, Peter Schulze, damals gegenüber dem Spiegel berichtete. Doch die Interessenten hatten für die ohnehin mitgenommenen Hunde düstere Pläne: Spanische Geschäftsleute wollten Schäferhunde und Co. für Tierversuche nutzen, die Amerikaner wollten Sie als Souvenirs an den Meistbietenden verkaufen, bei den Koreanischen Interessenten wartete schlicht und einfach der Kochtopf auf die Vierbeiner.
2500 DDR-Diensthunde landeten in westdeutschen Tierheimen
Diesem Schicksal wollte man die ehemaligen Diensthunde aber doch nicht aussetzen - deshalb wurden die Vierbeiner vom Deutschen Tierschutzbund in kleinen Gruppen in westliche Tierheime gebracht und dort zur Adoption freigegeben. Von Verhaltensproblemen, ängstlichen oder aggressiven Hunden war da plötzlich keine Rede mehr: Sie hätten einen guten Charakter, ließen sich streicheln, manche seien gar „verschmust”, so Schulze gegenüber dem Spiegel. Wie viele der Mauerhunde aber tatsächlich ein neues Leben in Familien fanden, ist bis heute nicht bekannt.