Ein Belgischer Schäferhund liegt ruhig am Boden, die Ohren gespannt, die Muskeln bereit zum Sprung. Ein ukrainisches Wort – und der Hund schießt nach vorne, zielsicher und ohne Zögern. Innerhalb von Sekunden attackiert er einen Soldaten, der daraufhin laut aufschreit.
Für das Tier ein Spiel, für den Soldaten ein Moment voller Ernsthaftigkeit. Diese Diensthunde werden in der Ukraine gegen russische Einheiten eingesetzt und haben einen entscheidenden taktischen Vorteil: Sie können feindliche Soldaten ablenken und den eigenen Truppen wichtige Sekunden zur Reaktion verschaffen.
Bundeswehr trainiert ukrainische Soldaten und ihre Hunde
„Hunde sind durch ihre besondere Wahrnehmung – ihren Geruchssinn und ihre Gehörfähigkeit – in der Lage, Situationen zu erspüren, die Menschen entgehen“, erklärt eine Bundeswehr-Expertin. Kein technisches Gerät kann dies, was die Hunde unersetzlich für die Soldaten macht.
Sechs Tage die Woche, täglich über acht Stunden, wird in Bitburg trainiert. Dann geht es zurück in den Kriegsalltag für Mensch und Tier. Das Ausbildungsprogramm der Bundeswehr, eines von vielen deutschlandweit, soll die Ukrainer bestmöglich auf den realen Einsatz vorbereiten. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine wurden bereits über 17.000 ukrainische Soldaten auf deutschen Übungsplätzen geschult.
Koordiniert wird dieses Mammutprojekt vom Multinational Special Training Command in Strausberg, das verschiedene Bereiche der militärischen Ausbildung abdeckt – Minen oder Sprengstoff erschnüffeln oder Gegner stellen. In Bitburg dreht sich seit Kurzem alles um den Diensthund, genauer den Schutzhund.
Der schwierigste Teil der Ausbildung
„Die anspruchsvollste Übung ist die, die am unscheinbarsten wirkt“, sagt eine Ausbilderin der Bundeswehr. Es geht darum, dass der Hund absolut still bleibt und sich nicht verrät – selbst wenn direkt neben ihm geschossen wird. „Uns ist wichtig, dass die Hunde leise und unauffällig agieren“, erklärt die Ausbilderin weiter.
Denn Entdeckung bedeutet Gefahr. Ganz besonders, weil es bei dem Training neben einem Zugriff im Freien auch um den "urbanen Kampf" geht.
Doch auch schauspielerisches Talent ist gefragt - zumindest bei den Menschen: Ein speziell gepolsterter Anzug schützt die Ausbilder, die von den Hunden attackiert werden. „Ich muss laut schreien, damit der Hund das Gefühl hat, erfolgreich zu sein – auch wenn ich weiß, dass ich absolut sicher bin“, erklärt einer der Ausbilder.
Erste Hilfe für den besten Freund
Doch selbst der beste Kamerad kann im Krieg verwundet werden. Auch darauf werden die ukrainischen Soldaten in Bitburg vorbereitet. Sie lernen, ihren Hunden Erste Hilfe zu leisten – von der Blutstillung bis zur Verabreichung von Infusionen. Diese lebensrettenden Techniken üben sie an einer lebensechten Puppe, um bestmöglich auf den Ernstfall vorbereitet zu sein.
Die sprachlichen Unterschiede stellen eine zusätzliche Herausforderung dar. Ein Dolmetscher muss ständig anwesend sein, um die Anweisungen der deutschen Trainer in die ukrainische Sprache zu übersetzen – ein zeitaufwendiger Prozess, der die ohnehin knappe Ausbildungszeit zusätzlich verkürzt.
Hunde als Schutzengel und Freunde
Die enge Beziehung, die sich zwischen Mensch und Tier während der Ausbildung aufbaut, ist für viele Soldaten besonders. Ein Bundeswehr-Soldat beschreibt: „Für mich ist der Hund mein bester Freund und ein unentbehrlicher Begleiter im Alltag und im Dienst.“
Die Ukrainer scheinen ihre Hunde ebenfalls nicht einfach als Werkzeuge zu sehen. Ein Ausbilder berichtet: „Wenn sie unbeobachtet sind, sieht man, wie liebevoll sie mit den Tieren umgehen.“