Es sollte ein gemütlicher Grillabend unter Freunden werden. Doch die gesellige Runde im Juli 2023 in Groß-Umstadt (Hessen) endet anders als gedacht... Deshalb ist sie jetzt auch Anlass für einen der skurrilsten Gerichtsprozesse, die das Amtsgericht Dieburg je erlebt hat.
Denn laut Anklage soll Christian S. (35) der Französischen Bulldogge seiner Bekannten ins Ohr gebissen haben. Und von der gab es dann prompt die Quittung dafür. „Es ist recht ungewöhnlich, dass man so etwas erlebt", fasst Tierärztin Dr. Sigrun K. den Fall zusammen, der selbst erfahrene Juristen staunen lässt.
Grillabend mit groteskem Ausgang
Carlos' Halter hatten den arbeitssuchenden Christian S. zu ihrer Grillparty eingeladen. Der 35-Jährige, der selbst einen Cane Corso besitzt, schien sich bestens mit Hunden auszukennen. Der fünfjährige Carlos sitzt entspannt auf seinem Schoß, lässt sich streicheln und knuddeln – bis das Gespräch eine fatale Wendung nimmt.
Als die Runde über Hundeerziehung zu diskutieren beginnt, will Christian S. offenbar mit seinem Expertenwissen glänzen. Laut Staatsanwaltschaft stellt er die Frage in den Raum: „Wisst ihr, was zu tun ist, damit ein Hund hört?“ Seine eigene Antwort: „Ins Ohr beißen.“
Der Moment der Wahrheit
Kurz darauf, so die Staatsanwaltschaft, habe er genau das bei Carlos getan. Der Angeklagte bestreitet dies vehement. „Ich würde niemals einen Hund beißen“, beteuert er jetzt vor Gericht. Seine Version: Er habe Carlos lediglich mit Daumen und Zeigefinger „ins Ohr gezwickt.“ Doch Herrchen Torben K. ist sich 100prozentig sicher, den Biss gesehen zu haben.
Was zweifelsfrei feststeht: Carlos' Reaktion ließ nicht auf sich warten. Der kleine Vierbeiner, offenbar empört über die ungewöhnliche „Erziehungsmaßnahme“, reagiert sofort – und schnappte Christian S. ins Gesicht. Ein Stück von dessen Nase fehlt bis heute.
Tierärztin bestätigt Verletzung
Carlos muss am nächsten Tag zum Arzt. Tierärztin Dr. Sigrun K. (61) fand ein geschwollenes, gequetschtes Ohr mit deutlicher Rötung.
Eine offene Wunde gab es nicht, doch der Befund reichte für die Staatsanwaltschaft, um Anklage wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz zu erheben.
Gericht stellt Verfahren ein
Die Richterin am Amtsgericht Dieburg stand vor einem Dilemma: Reicht die Verletzung für den Nachweis „erheblicher Schmerzen“ bei Frenchie Carlos? Ihre Antwort: Nein.

Das Verfahren wegen Tierquälerei wurde eingestellt. Dennoch fand sie klare Worte für den Angeklagten: „Ihr Verhalten war so nicht in Ordnung. So geht man nicht mit einem Hund um.“
Ganz ohne Konsequenzen blieb der Prozess übrigens nicht. Denn parallel musste sich S. für eine Trunkenheitsfahrt mit 2,1 Promille verantworten. Dafür kassierte er eine Geldstrafe von 1800 Euro – und verzichtete auf Rechtsmittel.