Die Münchner Tierklinik der Ludwig-Maximilians-Universität schlägt Alarm: Harmlose Spaziergänge im Park enden immer häufiger in der Notaufnahme. Der Grund: eine Cannabis-Vergiftung.
René Dörfelt, leitender Oberarzt der Kleintier-Notaufnahme, kann die beunruhigende Entwicklung im Gespräch mit dem Bayrischen Rundfunk mit konkreten Zahlen belegen: „Wir sehen inzwischen zwei bis vier Hunde pro Woche mit THC-Vergiftungen. Seit der Cannabis-Legalisierung ist die Zahl um das Doppelte bis Dreifache gestiegen!"
Wenn der Hund plötzlich „high“ ist
Die Symptome sind eindeutig – und erschreckend: Schwanken, große Pupillen, Apathie, unkontrolliertes Urinieren. „Der Hund ist im Grunde high“, so Dörfelt. Was im ersten Moment witzig klingt, ist hochgefährlich.
Das Problem: Anders als beim Menschen gibt es keine schnellen Tests auf THC. Die Tierärzte müssen nach Symptomen behandeln – oft unter großer Unsicherheit.
Lebensgefahr innerhalb von 30 Minuten
THC wirkt bei Hunden erschreckend schnell. Bereits 20 bis 30 Minuten nach der Aufnahme zeigen sich die ersten Symptome. Was harmlos beginnt, kann sich binnen Minuten zu einem medizinischen Notfall entwickeln. „Wir haben alles – von harmlosen Fällen bis hin zu Herzstillstand, Krampfanfällen, Koma und Tod“, warnt der Notaufnahme-Tierarzt.
Im schlimmsten Fall ist eine stationäre Aufnahme notwendig: Infusionen, EKG-Überwachung und Medikamente über 12 bis 24 Stunden. Kostenpunkt: mehrere hundert Euro. Für die Hundehalter wird die lebensrettende Behandlung so schnell zur finanziellen Belastung.
Wie Hunde an Cannabis gelangen
Die Wege, auf denen die Vierbeiner an THC gelangen, sind vielfältig und teilweise schockierend. In Parks und Grünanlagen werden regelmäßig Joint-Stummel oder Cannabis-Kekse gefunden – für neugierige Hunde eine tödliche Versuchung.
Besonders unappetitlich wird es bei einem weiteren Vergiftungsweg: Hunde fressen den THC-belasteten Kot von Cannabis-Konsumenten. „Ja, manche Hunde machen das tatsächlich", bestätigt das Klinikpersonal.
Peinliche Geständnisse in der Notaufnahme
Doch nicht nur auf der Straße lauert die Gefahr. Immer wieder vergiften sich Hunde in den eigenen vier Wänden – durch Passivrauchen oder herumliegende Cannabis-Reste.
„Es kommt regelmäßig zu peinlichen Situationen", berichten die Tierärzte aus dem Klinikalltag. „Hundebesitzer weisen empört jeden Cannabis-Verdacht von sich – bis sich herausstellt, dass die Kinder zu Hause welches hatten."
Angesichts der alarmierenden Entwicklung fordern die Münchner Tierärzte ein radikales Umdenken. „Wir brauchen dringend mehr Bewusstsein für diese versteckte Gefahr", appelliert Dörfelt. „Was für Menschen legal geworden ist, kann für unsere Vierbeiner zur Todesfalle werden."