In den kleinen Orten rund um die sächsischen Städte Torgau, Taura und Gablenz leben die Halter von Freigänger-Katzen in Angst und Schrecken. Kaum jemand traut sich noch, seine Samtpfote abends rauszulassen. Immer verschwinden die Tiere auf mysteriöse Art und Weise – ohne dass man Spur von ihnen findet.
Zuerst dachten viele an Tierhasser oder gar dubiose Sekten. Doch nun verdichten sich die Hinweise: Wölfe sollen die Haustiere gejagt haben. Jetzt hat ein erfahrener Jäger sein Schweigen gebrochen.
Ein Schatten im Wald – und Minka kehrte nie zurück
Für Ivonne P. (48) aus Taura ist der Horror Realität geworden. Ihre dreifarbige Katze Minka kam eines Abends einfach nicht mehr nach Hause. „Meine Mutter hatte kurz zuvor einen Wolf ganz in der Nähe gesehen“, erzählt die Gastwirtin gegenüber BILD. „Zwei Wochen später war Minka weg.“
Nur wenige Straßen weiter sucht Melitta P. (71) nach ihrem geliebten Kater Rocco. Sie hat sogar 1.000 Euro Belohnung ausgesetzt, doch bisher ohne Erfolg. „Vielleicht ist er verschleppt worden…“, lautet ihre traurige Vermutung.
Das Umweltamt bestätigt den Verdacht
Die rätselhaften Fälle häufen sich in der Gegend und inzwischen bestätigt auch das Sächsische Landesumweltamt, dass Wölfe für einige Katzenangriffe verantwortlich sein könnten. Sprecherin Karin Bernhardt erklärte gegenüber BILD: „Im Jahr 2025 wurden uns bislang vier potenzielle Tötungen von Katzen durch Wölfe gemeldet.“ In einem Fall habe man Wolf-DNA an Fellresten gefunden – der Beweis sei eindeutig gewesen.
Bereits 2024 gab es ähnliche Berichte. Besonders in Gablenz und Döbern wurden Überreste gefunden, an denen genetische Spuren von Wölfen nachgewiesen wurden.
„Sie fressen sie mit Stumpf und Stiel auf“
Für Dr. Dirk-Henner Wellershoff (59), Präsident des Landesjagdverbands Brandenburg, ist die Entwicklung keine Überraschung: „Der Wolf ist ein opportunistischer Jäger. Er nimmt, was leicht zu kriegen ist – und dazu gehören leider auch Hauskatzen“, erklärt er im Gespräch mit bild.de.
„Die fressen die Katzen mit Stumpf und Stiel auf“, lautet sein dramatisches Fazit. Überreste gebe es daher kaum, was die Nachweise von Wolfsrissen natürlich extrem erschwert. Und genau das macht die Angst in den betroffenen Regionen so groß: Es bleibt das Gefühl, dass die Tiere einfach verschwinden.

Wölfe auf dem Vormarsch
In Deutschland leben nach Angaben der Bundesregierung mittlerweile über 1.600 Wölfe in rund 200 Rudeln, manche Experten schätzen die Zahl sogar auf bis zu 5.000 Tiere. Die Raubtiere stehen unter strengem Artenschutz – Jagen ist verboten.
Doch mit ihrer Rückkehr wächst der Konflikt. 2023 registrierten Behörden über 5.700 Angriffe auf Nutztiere. Jetzt geraten erstmals auch Hauskatzen ins Visier der hungrigen Rudel.
Kein Trost für Katzenhalter
Theoretisch könnten Katzenhalter nach amtlicher Begutachtung eine Entschädigung beantragen, doch in der Praxis bleibt das fast unmöglich. Ohne Kadaver kein Beweis. Und ohne Beweis kein Geld.
Das Umweltamt ruft dennoch dazu auf, verdächtige Fälle sofort an das Sächsische Wolfsmonitoring (Hotline 0800 555 0 666) zu melden.
Das Dorf lebt mit der Angst
Während die Behörden prüfen, was die Wölfe tatsächlich treiben, schließen viele Sachsen nun abends lieber vorsichtshalber ihre Katzen ein. Und das scheint derzeit die einzige Option zu sein, wenn man auf Nummer sicher gehen möchte,
„Früher war das Miauen vor dem Fenster mein Zeichen, dass Minka heimkommt“, sagt Ivonne P. „Heute ist es still. Zu still.“