Sie nannte sich „Hunde-Coach“, gab online wertvolle Tipps zur artgerechten Tierhaltung und beeindruckte Tausende mit ihrem vermeintlichen Fachwissen. Doch während Silvia S. aus Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) in der digitalen Welt als kompetente Tierfreundin glänzte, spielte sich in ihrer Hundepension in Bennstedt ein regelrechter Horror-Film ab.
Im Dezember 2024 flog das grausame Doppelleben auf. Was die Tierschützer vor Ort entdeckten, übersteigt jede Vorstellungskraft. 128 Tiere lebten in einer Hölle aus Kot und Kadavern - zwei konnten nur noch tot geborgen werden.
„Einen halben Meter tief in der Scheiße“: Die Rettungsaktion
In einer koordinierten Großaktion rückten Tierschützer aus drei Bundesländern gemeinsam mit dem Veterinäramt und der Feuerwehr an. Was als Rettungsmission begann, entwickelte sich schnell zum Alptraum.
„Wir standen sprichwörtlich einen halben Meter tief in der Scheiße“, berichtete erschüttert ein Feuerwehrmann. Bei dem stundenlangen Einsatz bis tief in die Nacht wurden unglaubliche 128 Hunde aus diesem Inferno befreit.
Zwischen Müllbergen und toten Artgenossen
Die Realität in der „Tierpension“ der Hundetrainerin und Tierphysiotherapeutin übertraf die schlimmsten Befürchtungen. Viele der geretteten Tiere waren dem Tod näher als dem Leben - ausgemergelt, dehydriert und schwer traumatisiert.
„Sie lebten in Bergen von Müll und Dreck, umgeben von Exkrementen und Kadavern“, lautet der erschütternde Bericht des Tierschutzvereins Merseburg-Querfurt e.V. Für einen Welpen und einen erwachsenen Hund kam jede Hilfe zu spät - sie konnten nur noch tot geborgen werden.
Das überraschende Geständnis vor Gericht
Das Erschreckende: Es bestand eigentlich bereits seit Februar 2024 ein Tierhalteverbot. Das hatte Silvia S. allerdings angefochten. Am vergangenen Donnerstag wurde nun erneut verhandelt.
Als die Stunde der Wahrheit schlägt, bleibt der Platz der Angeklagten im Amtsgericht Halle leer. Stattdessen erschien ihr Rechtsanwalt laut bild.de mit einer überraschenden Erklärung: „Die Mandantin akzeptiert den Strafbefehl.“
Was folgt, entlarvt allerdings die wahre Motivation hinter diesem scheinbaren Schuldeingeständnis. Der Jurist kämpfte nicht etwa um Vergebung für seine Mandantin, sondern um die Aufhebung des verhängten Hundehaltungsverbots.
Sie will weiter mit Hunden arbeiten!
Die Begründung des Anwalts gibt Einblick in die verstörende Denkweise seiner Mandantin: „Die Mandantin ist tiermedizinische Fachangestellte. Sie hat sich auf Physiotherapie-Angebote für Hunde spezialisiert, bietet Hunde-Coaching an. Das Haltungsverbot kommt für sie einem Berufsverbot gleich.“
Während die selbsternannte Tier-Therapeutin um ihr Geschäftsmodell kämpft, bereitet Staatsanwältin Dr. Kirsten Golinski bereits eine neue Anklage vor. Ihr Standpunkt ist unmissverständlich: „Bislang haben weder strafrechtlich noch verwaltungsrechtliche Maßnahmen bei der Angeklagten Wirkung gezeigt. Das Haltungsverbot sollte Bestand haben.“
Staatsanwaltschaft arbeitet bereits an neuer Anklage
Das Urteil des Vorsitzenden Richters fiel entsprechend aus: Geldstrafe und Tierhaltungsverbot wegen erwiesener Tierquälerei. Ob Silvia S. erneut Rechtsmittel einlegen wird, bleibt abzuwarten - das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Für die 128 geretteten Hunde beginnt jetzt hoffentlich ein neues Leben ohne Leid und Vernachlässigung - fern von der Frau, die sich online als ihre größte Beschützerin inszeniert hatte.