Es ist ein Ergebnis, das niemand mehr für möglich gehalten hätte. Auf der einen Seite: Indiens mächtiger Oberster Gerichtshof mit einem scheinbar unumstößlichen Urteil. Auf der anderen: Millionen von Bürgern, die für rund 800.000 Straßenhunde kämpfen. Und das Ganze hat nun ein unerwartetes Ende genommen.
Noch im August hatte Indiens Oberstes Gericht entschieden: Alle Straßenhunde in Neu-Delhi und Umgebung sollten eingefangen und in Tierheime gebracht werden. Grund waren Sorgen über Hundebisse und Tollwutfälle. Ein Freilassen war verboten – sehr zum Entsetzen der Bevölkerung.
800.000 Hunde sollten verschwinden
Sie gehören in Indien zum Stadtbild: die Streuner. Allein in der Hauptstadt Neu-Delhi leben schätzungsweise 800.000 Straßenhunde. Sie sind Teil des Stadtbildes – bekannt als „Desi Dogs“ oder „Indian Pariah Dogs“. Viele werden von Anwohnern gefüttert, andere fungieren als „Nachtwächter“ in den Vierteln.
Insofern schlug die Entscheidung des Obersten indischen Gerichtshof am 11. August ein wie eine Bombe. Das Gericht fällte eine brisante Entscheidung: Alle streunenden Hunde in der National Capital Region - dazu gehören Neu-Delhi und seine Vororte - sollten eingefangen und dauerhaft in Tierheime gesperrt werden. Ein Freilassen war demnach verboten.
Der Grund: Wachsende Sorgen über Hundebisse und Tollwut. Mit geschätzten 800.000 Straßenhunden allein in der Hauptstadt und mindestens 26.000 gemeldeten Hundebissen in diesem Jahr schien das Problem außer Kontrolle geraten zu sein. Das höchste Gericht des Landes sah hier nur einen Ausweg: Die Hunde müssen weg!
Empörung erfasst das ganze Land
Schnell formiert sich Widerstand. Wochenlang gehen Hundefreunde, Tierschützer und Bürgerrechtler auf die Straße. In den sozialen Medien schließen sich ihnen Filmstars, Politiker und Aktivisten an, die Reaktionen überschlagen sich. Das Thema entwickelt sich zu einem Symbol für Tierliebe und Bürgerwille.
Jetzt die Kehrtwende: Der Oberste Gerichtshof hob die Entscheidung auf. Streuner dürfen wieder freigelassen werden – allerdings erst nach Kastration und Impfung. Nur aggressive oder tollwütige Hunde bleiben künftig in Tierheimen.
Zwischen Tierschutz und öffentlicher Sicherheit
Trotz des Protest-Erfolgs bleibt das Grundproblem allerdings bestehen. Trotz existierender Kastrations- und Impfprogramme steigt die Zahl der streunenden Hunde in ganz Indien rapide weiter an. Ebenso die Fälle von Hundebisse und Tollwut.
Die neue Lösung - Kastration und Impfung statt Einsperrung - ist ein Kompromiss zwischen Tierschutz und öffentlicher Sicherheit. Ob dieser Mittelweg funktioniert, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Doch für viele zählt vor allem eines: Die Straßenhunde haben eine zweite Chance bekommen.